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formulae:quia

⬅️ CENTOLOGIAx 🔘 synANxxxxx2️⃣ 0️⃣ 3️⃣ 4️⃣ 5️⃣ 6️⃣ 7️⃣ 8️⃣xxxxx ⬜️ 1 TYPOS ▫️ 1INC ▫️ 1MED ▫️ 1NOV ▫️ 1TER ▫️ FML


FML quia

weil

Diese für den 1. Modus typische Formel kommt ca. 60 mal vor.

Es ist für eine schriftlose Kultur (Gedächtniskultur) typisch, bei gleichen Denkinhalten auch eine gleiche Wort/Klanggestalt zu wählen. 8 mal wird das Wort „quia“ „denn / weil“ mit den gleichen Pedes fa-la und sol-la vertont.

1101 „…bleibe bei uns Herr, denn es will Abend werden“. Die Begründung „weil / denn“ kann aber auch mitgedacht sein, wenn andere Worte verwendet werden:

Auch wenn das Wort „quia“ nicht ausgesprochen wird, gibt es Zusammenhänge, in denen es unausgesprochen mitgedacht ist.

1270 „Ich lasse euch nicht als Waisen zurück, ich gehe und komme wieder (= denn ich gehe zwar, aber ich komme wieder).

1552 „Templum domini sanctum est dei cultura est“ - „Der Tempel Gottes ist heilig, (denn) zur Verehrung Gottes ist er“

2312 „Hodie completi sunt dies pentecostes“ - „Heute ist es verfüllt, (denn) fünfzig Tage sind voll“.

0040 Nicht mehr so eindeutig, aber doch nachvollziehbar ist die assoziative Logik bei „Vox clamantis in deserto parate viam domini rectas facite semitas dei nostri.“

Die Formel quia (FML quia) kann durch eine auftaktige Clivis re-do eingeleitet sein. Varianten sind möglich, wie beim PPO „firmiter“ 0172, und gar nicht selten.

0838


Die assoziative Natur der gregorianischen „Komposition“ macht es unmöglich, die Formeln immer voneinander abzugrenzen. In über 20 Fällen wandelt sich der zweite Pes sol-la in Neume „applicatio“ ( Clivis suprapunctis flexus, in der barocken Figurenlehre die „Circulatio“, sie steht in der Gregorianik für Hinneigung - „Zuneigung“)

0747 „Descendentibus illis de monte praecepit eis dicens nemini dixeritis visionem“. „Und als sie vom Berg stiegen, belehrte er sie und sagte: keinem erzählt von der Vision“. Die NMA applicatio könnte man hier als Nachglühen des Berg Tabor-Erlebnisses deuten, die FML quia als „weil sie herabstiegen hatte er Zeit sie zu belehren…“

In 0216 ist das ursprüngliche „quia“ kaum mehr zu erkennen, die Position zwischen fa und la aber dem „quia“ sehr nahe. Ob man diese Form einfach als NMA applicatio deutet oder als FML quia (denn du hast die Nächstenliebe befohlen) ist zweitrangig.

Die Hartnäckigkeit mit der letzte Pes ein Pes quassus ist, gibt zu denken. Nicht erst hier drängt sich der Verdacht auf, dass der Oriscus, ob in der Virga strata am Übergang von einem Cento zum anderen, oder wie hier im Pes quassus am Ende der Formel, kein Hinweis auf eine besonders lange oder besonders intensiv zu sprechende Silbe ist, sondern vielmehr die Abgrenzung eines Cento /einer Formel von der nächsten. Sie unterstützt die memoratio der Klanggestalt, nicht mehr und nicht weniger.


formulae/quia.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/18 16:22 von xaverkainzbauer