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cento_rp:rp8_t

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Inhaltsverzeichnis

RP 8 TYPOS

Die Responsorien sind grundsätzlich 3/6teilig. Drei Perioden (Frere) je zweiteilig, bilden sechs Centones die wir als
A+B C+D E+F bezeichnen. Dazu kommt ein
Vers J+T mit vorgesetztem Wort.

Das Ende der 2. Periode (D) steht in Beziehung zur Terminatio des Verses (T). B + F, die Enden der 1. und 3.Periode, ähneln sich nicht nur, sie sind in ihrer Struktur ident. Ebenso sind die CAD (Cadenzen) der ersten Teile der Perioden (A - D - E = 1.,3.,5.) häufig ähnlich, miteinander verwandt.

Die Formen der Cento-Umrandungen versuchen das auszudrücken: Die beiden verwandten End-Centones B und F sind mit >Schwalbenschwanz rechts< bezeichnet. Das Ende der 2.Periode D trägt den >Halbbogen rechts< wie die Terminatio des Verses (T).

Cento C ist mit >Bogen oben< markiert, E (der Einstieg in die 3.Periode) wird immer mit >Gabel (Schwalbenschwanz) oben< bezeichnet. Das Responsorial-Incipit (A) wird, wenn es typisch eingeleitet ist mit >Trapez links< umrandet. Die Centones sind allerdings nicht nur durch die Text-Portion (A - B - C …) definiert, sondern vor allem durch ihre CAD = Kadenzformeln (ein-zweisilbig) festgelegt.

Neben dem sechsteiligen Norm-Typus a.e. 7494, 7514, 7549, 7554, sind noch zwei weiter Frundformen abzulesen:
• Ist derTexte so kurz, dass das Responsorium aus nur 2 Perioden besteht, so entfällt grundsätzlich C und D, die mittlere Periode a.e. 7209, 7791,
• Ist der Text länger als üblich, so wird die 1.Periode nicht selten durch Einschub von E erweitert (AEB) a.e. 7191, 7387, 7717 In der 3. Periode wird zwischen E und F grundsätzlich A eingeschoben (EAF) a.e. 7200, 7622, 7679. Es können auch beide Einschübe in einem Responsorium verwendet werden a.e. 7349, 7146, 7526. Damit sind aber weiteren Variationen keine Grenzen gesetzt.

Manche Centones nützen nur einen Teil der Normalform (das Incipit), bevor sie in einen anderen Cento kippen. die Anzahl der Centones kann variieren: mehr oder weniger. Ein erklecklicher Teil der Responsorien verwendet „fremdes“ - eigenes Melodiematerial. Eine Beurteilung dieses Faktums ist wohl erst in Blick auf das gesamte Repertoire möglich.

Sehr wohl ist in jedem Fall zu unterscheiden, ob von der
CAD Kadenzformel des Cento, der
MEL dem Melodieverlauf vor der CAD, oder von der
POS Position des Cento die Rede ist. So kann etwa eine MEL B an der POS A stehen, a.e.7008;
oder auch a.e. 7226, ein Cento E („ut tu deus deleas“, durch MEL und POS eindeutig als Cento E bestimmt, einfach „falsch abbiegen“ und eine fremde CAD verwenden! cf.et Cento A!


A norm

Der Cento A ist definiert durch den ersten und letzten Akzent. die CAD-Formel steht auf der letzten Silbe.

der erste Akzent

Episemierte Virga auf „fa“, mit kurrentem Pes „sol-la“ überstiegen, leitet die Rezitation „sol“ ein. Etwaige folgende Akzente werden mit kurrentem Pes „sol-la“ gesungen (= Akzentpes aus der Rezitation heraus), oder dieser Pes durch epiphonus verhindert.

praetonische Silben

Die unbetonten Silben vor dem ersten Akzent stehen auf „re“, in den beneventanischen Quellen grundsätzlich mit „Acuasta“ als leicht, im Sog des ersten Akzentes, notiert. Wir übertragen das in die Quadratnotenschrift mit Rhomba.

der letzte Akzent

Ein Salicus oder Pes hebt auf der Silbe vor dem letzten Akzent die Rezitation „sol“ zum „la“, auf dem der letzte Akzent steht.

CAD

Die Quellenlage zu diesem Cento ist auf den ersten Blick verwirrend.
H (frOr) bringt ihn in zwei Varianten:
höheres emotionales Niveau: CAD geht zum „do“ (Quilisma!), fällt die Quart sum „sol“ und mit einer Resupinbewegung wird das „fa“ erreicht. Die Neume vor dem letzten Akzent ist Scandicus(Salicus) „sol-la-si“.
niederes emotionales Niveau: CAD führt zum „si“ (kein Quilisma), fällt die Terz sum „sol“und ohne Resupinbewegung wird das „fa“ erreicht. Die Neume vor dem letzten Akzent ist ein Pes „sol-la“.
MR (frOc) kennt den Cento nur in der zweiten Form, mit niederem emotionalem Niveau.
Die jüngeren diastematischen Quellen sind wegen der Do-Revision wenig brauchbare Zeugen, aber auch Tol und Bv sind verwirrende Belege. Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass Tol mit H und Bv mit MR geht.

nur Incipit

nur Terminatio

7104 7321 7489


A circ

Der erste Akzent des Cento A wird in 7 Fällen durch eine circulatio ersetzt, die auf zwei Silben aufgeteilt ist. Eine Emotionalisierung es jeweiligen Textes ist offensichtlich beabsichtigt: „Corde et animo…“, „Dulce lignum…“.

Hierher zählt auch der Torculus in 7594, ein Zitat aus dem Cento A des 2.Modus.


A rev

Eine eigene, aber immer als Incipit verwendete Formel ist A rev. Sie drückt Achtung, Ehrerbietung, Scheu, eben „reverentia“ aus.


A accel

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A accel Term solo

B


C norm

Die CAD dieses meist 3akzentigen Centos ist eine ClvSpp-FlxRes (6stufig) auf dem letzten Akzent. Weiters prägen ihn zwei Torculi „do-re-do“ für den ersten und zweiten Akzent, praetonische Silben bilden den Dreiklang „fa-la-do“. Auf den ersten Torculus folgt eine Clivis „do-la“, auf den zweiten Torculus ein Pes „do-re“. Zusätzliche Binnensilben werden auf der Rezitationsebene „do“ eingefügt.

CAD


Ist das letzte Wort des Cento ein Paroxytonon (PO), so ist es mit der ClvSpp-FlxRes vertont, gefolgt von der üblichen Clivis „la-sol“ a.e. 7486, 7664

Ist der letzte Akzent ein Proparoxytonon (PPO), so teilt und erweitert sich die Neume, die ersten 4Töne Clvspp werden eine eigene Neume für die Akzentsilbe, die übrig bleibende Resupinfigur „la-si“ erweitert sich zum PesSbpRes „la-do-si-la-sol-la“ für die Binnensilbe. Auch hier folgt die übliche Clivis „la-sol“ für die Endsilbe. a.e. 7123, 7549

Ist der letzte Akzent ein Oxytonon (O) vide: 7594, so wird die ClvSpp-FlxRes als Binnensilbe verwendet.

In mehr als der Hälfte aller Fälle wird diese CAD mit der typischen MEL des Cento eingeleitet.

Soll das Gewicht des letzten Akzents zurückgenommen werden, so wird der PesSbpRes „la-do-si-la-sol-la“ für die Akzentsilbe verwendet a.e. 7152, 7491
Diese CAD wird üblicherweise nicht mit der centotypischen MEL eingeleitet. Bei PPO verschiebt sich der Akzent nach vorne auf einen Pes „do-re“.

Öfter wird der weniger gewichteten CAD ein zusätzliches „do“ vorgesetzt, vor allem wenn sie auf der Rezitation „do“ eingeleitet bzw. erreicht wird. a.e. 7550, 7263

Praetonische Silben

Praetonische Silben stehen auf „fa“ und la„. a.e.: 7200, 7524 Ist nur eine praetonische Silbe vorhanden, verbinden sich die beiden Töne zum Pes „fa-la“. a.e.: 7494, 7427
In 7029 liegt die „Akzentsilbe “-lor“ auf den „praetonischen Pes „fa-la“. Dieser Regelbruch wird in H durch „inferius“ bei „fa“ und „levare“ bei „la“ recht deutlich bestätigt und ist beabsichtigt. Soll damit der Akzent zurückgenommen werden?

MEL

Die beiden Akzente sind mit kTrc besetzt. Auf den ersten Torculus folgt eine Clivis „do-la“, auf den zweiten Torculus ein Pes „do-re“. Beide Neumen können durch Cephalicus ( cf.: 7100 „in man-datis“ ) beziehungsweise Epiphonus (cf.: 7779 „quomodo con-versa“ ) zur Eintonneume reduziert sein.

7378 verschmelzen Trc und TerzClv zum pes_sbp. Damit ist der steilen Fügung „ét ád-orábo“ genüge getan. So auch in 7696 „háec dí-xit dóminus“. In 7291 hat der pes_sbp seine klassische Bedeutung als „Neume des Staunens“.

Ist der Text nur zweiakzentig, so entfällt der erste Trc und die Clv: a.e.: 7217, 7366.

Zusätzliche Binnensilben werden auf der Rezitationsebene „do“ eingefügt: a.e.: 7526, 7387.

In 7147 ist der Pes „auf „virgo de-i genetrix“ zum ScaSbp erweitert. In 7779 wird der Cento C wiederholt; in der Wiederholung wird die CAD zwar mit dem PesSpp der PPO-Formel begonnen, doch mit circulatio beendet. Damit wird der Cento nicht wirklich abgeschlossen, sondern zum Schluss hin geöffnet: „ut me crucifígeres → et barrabam dimítteres“.

Ein interessanter Fall ist 7622 Nach zwei nicht zu vernachlässigenden Akzenten am Beginn („é-go súm“: Wird die CAD auf zwei weitere Akzente verteilt „a-pós-tolus chrís-ti“?

TABLEAUS

↘️ Norm

↘️ letzter Akzent leicht. Vor allem werden diese CAD nicht typisch eingeleitet.

↘️ „fremde“ CAD

Diese CAD des Cento C kommt nur in Responsorien vor, die in Cento B oder F (auch in Hartker) eine CAD micro verwenden. Diese Stücke machen den Eindruck, ein eigenes Repertoire zu bilden, das zwar nicht in die Norm passt, aber trotzdem ähnlich ist, teilweise angepasst ist. Es scheint zusätzlich in den „gregorianischen Choral“ eingegliedert zu sein. Möglicherweise lässt sich bei der Zusammenschau des gesamten Repertoires durch alle Modi mehr erkennen. Ist es ein ursprünglich gallikanisches Repertoire?


D


E


F


cento_rp/rp8_t.1593945914.txt.gz · Zuletzt geändert: 2020/07/05 10:45 von xaverkainzbauer