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cento_an:qinc

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cento_an:qinc [2023/11/23 05:40]
xaverkainzbauer
cento_an:qinc [2024/05/17 12:29] (aktuell)
xaverkainzbauer
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-Der Cento besteht aus dem\\  +Der Cento ist von drei Elementen geprägt\\  
-▪️ **Quartaufstieg** "do-re-fa" wie in 2INC asc oder der Off-Psalmodie des 2. und 8 tonus verwenden und der \\ +• dem Quartaufstieg "sol-la-do" wie ihn die Off-Psalmodie des 2. und 8tonus verwenden, \\ 
-▪️ **Akzentformel** "dó-re", wie sie als Cento 8INC ad1 im gesamten Repertoire vorkommt.+• der Kadenzformel "dó-re", wie sie als Cento 8INC ad1 im gesamten Repertoire vorkommt, und \\ 
 +• der Virga strata. \\ 
 + 
 +{{ :cento_an:anq_inc_po-ppo.png?300|}} 
 +▪️ **Quartaufstieg** 0 bis 3 praetonische Silben sind möglich. Bei nur einer praetonischen Silbe verbinden sich "do + re" zum nkPes [[ant:0836]] "Qúi sítit". Ist diese eine Silbe aber leicht, so entfällt "do" [[ant:0023]] "Ex áegypto". Auch ohne praetonische Silbe bleibt der Cento ein QINC [[ant:1056]] "Ó mors". Das "do" des Quartaufstieges ist bereits der Akzentton der Kadenzformel.\\ 
 + 
 +▪️Die **Kadenzformel** Der nkPes "dó-re", kommt als Cento 8INC ad1 im gesamten Repertoire vorBei PPO (Proparoxytonon) werden die beiden Töne auf Akzent- und Binnensilbe aufgeteilt. Die Binnensilbe erhält ein portamento und wird so zum kPes. Auch drei unbetonte Silben nach dem Akzent sind möglich [[ant:0120]] "Ad té do-mi-ne" (PPPO - Praeproparoxytonon).\\ 
 + 
 +▪️ **Virga strata** Von den gut 100 Antiphonen des **PR de4** in H endet ca. die Hälfte mit einer Virga strata. MR schreibt hier immer nur eine Virga. Auch alle diastematischen Quellen notieren dafür nur einen Ton (Ausnahme [[ant:0094]] Ka+Bv19).  
 +{{ :cento_an:anq_in_virga_strata.png?300|}}\\ 
 +🔴 Das AM hingegen ist davon überzeugt, dass die Virga strata zwei Töne sein muss, sosehr, dass in [[ant:0114]] "intuemi-//ni// quantus //sit//“ das AMn das AM ausbessert und ebenfalls zwei Töne schreibt (Quadrata und Oriscus). Das AM überträgt allerdings selbst fünfmal die Virga strata nur als einen Ton ([[ant:0705]], [[ant:0740]], [[ant:0841]], [[ant:0866]], [[ant:1484]]).\\ 
 +Die Virga strata ist eine Virga, kein Pes und keine Bivirga. Sie ist Signal für den Centoübergang, aber nur dort, wo der erste Ton des zweiten Cento (QMED) tiefer ist. Bleibt es der selbe Ton, ist die Virga strata als Hilfe für den Sänger nicht notwendig. Gleich am Anfang des Repertoires, des Kirchenjahres hat Hartker selbst auf diese Verständnishilfe vergessen ([[ant:0013]] "Tuam domi-//ne//"). 
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-**praetonische Silben** können  es 0 bis 3 sein, Bei nur einer praetonischen Silbe verbinden sich "do + re" zum nkPes (Qúi sítis")Ist diese eine Silbe leicht, so entfällt "do" (Ad té domine"). Auch ohne praetonische Silbe bleibt der Cento ein QINC (Ó vos"). Das "fa" des Quartaufstieges ist bereits der Akzentton der Akzent-/Kadenzformel.\\ +▪️ **Zwei Akzente**\\ 
-Bei PO (Paroxytonon) bildet den Akzent der nkPes "fa-sol", bei PPO (Proparoxytonon) werden die beiden Töne auf Akzent- und Binnensilbe aufgeteiltDie Binnensilbe erhält ein portamento und wird zum kPes. Auch drei unbetonte Silben nach dem letzten Akzent sind möglich [[ant:0120]] "Ad té do-mi-ne" (PPPO - Praeproparoxytonon), sie wiederholt das "sol".\\ +{{ :cento_an:anq_inc_2acc.png?303|}}\\ 
-{{:cento_an:qinc_po_-_ppo.png?900|}}+Trägt der Cento zwei oder mehr Akzente, so erreicht der erste Akzent das "do". \\ 
 +Der Pes der Kadenzformel, der letzte Akzent, übersteigt das "do" um eine Terz zum "mi"Der Aufstieg zum "mi" geschieht mit TerzPes "do-mi" und nicht wie in den jüngeren Quellen mit Durchgangston "re" (plerosis). Das ist immer wieder an den Tableaus abzulesen e.g.
  
 +{{:cento_an:0841_minitableau.png?200 |}}
 +Bei [[ant:0841]] „Multa bóna ópera“  ist der Unterschied zwischen \\
 +• ostfränkischer Tradition (frOc) und \\
 +• westfränkischer Tradition (frOr) sichtbar. \\
 +Der kPes auf der Binnensilbe von „ó-//pe//-ra“ wird in H als unisonischer TerzPes durch das Fehlen des 1. Tons in A+Y bestätigt und durch das späte Lc eindeutig belegt. \\
 +Ka ist als junge Quelle und im Sinne der plerosis (Vermeiden von Tonwiederholungen)  bereits zur jüngeren traditio frOc gewechselt.\\
 +Der nkPes in MR wird durch Wc und Fo als Pes „re-mi“ ausgewiesen, das bedeutet nicht, dass er in MR nicht doch als TerzPes gesungen wurde.\\  
 +Bv, das an sich mit MR gehen müsste, steigt nur bis zum „re“ auf. Versteht hier Bv den Text als bloß einakzentig  „Multa bona ópera“, oder versteht die Centoregeln des PR ad4 nicht mehr.\\
  
-{{ :cento_an:qinc_2acc.png?200|}} +Die zisterziensiche Tradition (Zwvermeidet den Protus von der Quart grundsätzlichund setzt die Melodien ausnahmslos in den 7ModusHier bleibt der Melodieverlauf allerdings erhalten.  Schon die Zisterziensernicht erst das Tridentinum,  kritisieren die Mehrtonneumen auf unbetonten Silben und Eintonneumen auf Akzentsilben. Dem wird hier abgeholfen:ópera“ mit Pes auf dem Akzent.\\
-Bei Paroxytonon (PObildet der nkPes "fa-sol" den Akzent bei Proparoxytonon (PPO) werden die beiden Töne des nkPes auf Akzent- und Binnensilbe aufgeteiltDie Binnensilbe erhält dabei ein portamento und wird zum kPesAuch drei unbetonte Silben nach dem letzten Akzent sind möglich (0120 "Ad té do-mi-ne" PPPO - Praeproparoxytonon)sie wiederholt supervenient das "sol".  +
-Sind auf Q-INC drei Akzente zu vertonen (4-5 Silben vor dem letzten Akzent), so steigt der AkzentPes zum mi“ auf. +
  
 +An diesem Beispiel lässt sich ablesen, was in den Tableaus immer wieder sichtbar wird: Es gibt nicht nur einen //geographischen// Unterschied zwischen traditio frOr und traditio frOc, sondern auch einen //zeitlichen//. H und seine Begleiter A+Y (Ka hier einmal nicht) erhalten den älteren Zustand der Melodien, MR und Wc+Fo (hier Bv nur bedingt) zeugen bereits von den Veränderungen, die im Hochmittelalter die Melodien nach modernen Gesichtspunkten verändern (plerosis, do-Revision).
  
-Bei 0841 „Multa bóna ópera“  ist der Unterschied zwischen  +Der Bau des Centos geschieht konsequent nach Silben- und AkzentanzahlBezeichnend ist die Vertonung von [[ant:0044]] Qui post me vénit“.  Wäre der Text einakzentig verstandenwäre er wie [[ant:0352]] oculi méi“ vertont,  oder wenn der Akzent Qui post mé venit“ wäredann entspräche die Melodie [[ant:0116]]  „Veni dómine“So aber liegt hier eine **steile Fügung** vorzwei Akzente unmittelbar nebeneinander ohne unbetonte Silbe dazwischen, eine Akzentsituation, die es im Lateinischen nicht gibt (!?). Den karolingischen Kantoren ist sie vertraut: die Silbe „mé“ geht zum do“ (Akzent), die folgende Silbe „vé-nit“ mit nkPes zum „mi“ (2.Akzent).
-• ostfränkischer Tradition (frOc) und  +
-• westfränkischer Tradition (frOr) sichtbar. Der kPes auf der Binnensilbe von „ó-pe-ra“ in H wird als unisonischer TerzPes durch das Fehlen des 1. Tons in A+Y und durch das späte Lc eindeutig belegtKa ist als junge Quelle und im Sinne der plerosis (Vermeiden von Tonwiederholungen)  bereits zur jüngeren traditio frOc gewechselt. +
-6Der nkPes in MR wird durch Wc und Fo als Pes re-mi“ ausgewiesen, das bedeutet nicht, dass er in MR nicht doch als TerzPes gesungen wurde.  Bvdas an sich mit MR gehen müsste, steigt nur bis zum re“ auf. Versteht hier Bv den Text als bloß einakzentig  „Multa bona ópera“ +
-Die zisterziensiche Tradition (Zw) vermeidet den Protus von der Quart grundsätzlichund setzt die Melodien ausnahmslos in den 7Modus. Hier bleibt der Melodieverlauf allerdings erhalten.  Schon die Zisterziensernicht erst das Tridentinum kritisieren die Mehrtonneumen auf unbetonten Silben und Eintonneumen auf AkzentsilbenDem wird hier abgeholfen: „ópera“ mit Pes auf dem Akzent.+
  
-An diesem Beispiel lässt sich ablesen, was in den Tableaus immer wieder sichtbar wird: Es gibt nicht nur einen geographischen Unterschied zwischen traditio frOr und traditio frOc, sondern auch einen zeitlichen. H und seine Begleiter A+Y (Ka hier einal nicht) erhalten den älteren Zustand der Melodien, MR und Wc+Fo (hier Bv nur bedingt) zeugen bereits von den Veränderungen, die im Hochmittelalter die Melodien nach modernen Gesichtspunkten verändern (plerosis, do-Revision). 
  
 +**Ausnahmen/Varianten**\\
  
-{{ :cento_an:0118_vrgstr.png?300|}}\\ +• komplexe Akzentsituation\\ 
-▪️ **Virga strata** Von den gut 100 Antiphonen des **PR de4** in H endet ca. die Hälfte mit einer Virga strata. MR schreibt hier immer nur eine Virga. Auch alle diastematischen Quellen notieren dafür nur einen Ton (Ausnahme 0094 Ka+Bv19)Das AM hingegen ist davon überzeugtdass die Virga strata zwei Töne sein musssosehr, dass in 0114 "intuemi-//ni// quantus //sit//“ Das AMn das AM ausbessert und ebenfalls zwei Töne schreibt (Quadrata und Oriscus). Das AM überträgt allerdings selbst fünfmal die Virga strata nur als einen Ton (0705, 0740, 0841, 08661484).\\ +[[ant:0746]] „fa-ci-á-mus hic“ nkPes statt kPes macht „hic“ zum zusätzlichen Akzent.\\ 
-Die Virga strata ist eine Virga, kein Pes und keine BivirgaSie ist Signal für den Centoübergangaber nur dort, wo der erste Ton des zweiten Cento (QMED) tiefer istBleibt es der selbe Ton, ist die Virga strata als Hilfe für den Sänger nicht notwendig. Gleich am Anfang des Repertoires, des Kirchenjahres hat Hartker selbst auf diese Verständnishilfe vergessen (0013 "Tuam domi-//ne//").+[[ant:0023]] In „Ex áegypto“ ist die erste Silbe leicht, statt Pes „sol-la“ steht bloß  der Tractulus „la“ mit ‚altius mediocriter‘ eindeutig als Ausnahme fixiert. 
 +[[ant:0120]]  „Ad té domine“ ist das Selbe, die litterae significativae sind nicht mehr notwendig: was ein Tractulus am Beginn der Antiphon sollist seit 0023 als bekannt vorausgesetzt. Allerdings stehen hier nach dem Akzent „Ad té“ drei unbetonte Silben, ein PPPO (Praeproparoxytonon). 
 +„Ad té domine“ Das Personalpronomen ist betontdas „domine“ darf ihm nichts von seiner Bedeutung wegnehmen.\\ 
 +[[ant:1315]] Die erste von drei praetonischen Silben ist in MR öfter zu "si" gehoben  um einen leichten ersten Akzent auszudrücken. Wc schreibt sehr häufig so. Nicht immer lässt sich das in MR durch die Länge der Virga verifizieren. Hierim 7.Modusbestätigt das auch H mit 'levare mediocriter'.\\ 
 +[[ant:1434]] Durch die Zusammenziehung der zwei praetonischen Silben "do - re" zum Pes ist die steile Fügung "**Dá** **mí**-hi in díscovertont. Andererseits bleibt der letzte Akzent dadurch doch der Hauptakzent.
  
 +• Textausdeutung (explicatio orationis)\\
 +[[ant:1244]] „exaltare“ Trc "do-mi-re" Das Wort wird mit dem Trc ausgedeutet cf.: RP2 A i, e.g. [[ant:7036]] "A**má**vit eum".\\
 +[[ant:0733]] „Domus me-//a//“ 1.Modus. iterum explicatio orationis\\
 +[[ant:1481]] „introibo“  der Pes müsste nk sein, aber explicatio orationis: (eilenden Schrittes) \\  
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-{{:cento_an:qinc_1.png?600|}}+{{:cento_an:qinc_1.png?500|}}
  
-Ausnahmen/Varianten\\ 
-[[ant:1244]] Der Trc auf der Akzentsilbe ist Wortausdeutung "exaltáre"\\ 
-[[ant:0733]] ist eine Antiphon des 1. Modus. Der Trc gehört nicht eigentlich zum Repertoire des archaischen PR de4.\\ 
-[[ant:1481]] Der einzige kPes in dieser Position. Schreibfehler, oder doch Wortausdeutung "Introíbo“ 'ich zögere nicht'?\\ 
-[[ant:0746]] nkPes bei PPO in Binnenposition provoziert den Akzent auf der letzten Silbe "Faci**á**mus **híc**"\\ 
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 +{{:cento_an:qinc_2.png?500|}}\\
  
-Ist der Text länger als 1 Akzent mit bis zu 3 praetonischen Silben, hat also 2 Akzente, so rezitiert der erste Akzent nach dem Quartaufstieg auf "fa", die Formel des letzten Akzentes ändert sich und hebt sich zum "la". Auch steile Fügung ist wieder möglich ([[ant:0044]] "qui post **mé vé**-nit"). Wie der Text zu interpretieren|betonen ist, entscheidet die Kadenzformel mit ihrem Aufstieg zum "sol" oder zum "la". 
-{{:cento_an:qinc_2.png?600|}}\\ 
-▪️ Der Aufstieg zum "la" geschieht mit TerzPes "fa-la" und nicht wie in den jüngeren Quellen mit Durchgangston "sol" (plerosis). Das ist immer wieder an den Tableaus abzulesen e.g.: [[ant:0841]].  Tol geht  ohne Pes zum "la", das spricht bei Pes für unisonischen Anschluss. **Lc** schreibt Pes "fa-la" ! 
-Bv geht überhaupt nur zum "sol", diese Tradition versteht die Centoregeln des PR ad4 offensichtlich nicht mehr. 
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-Ausnahmen/Varianten\\ 
-[[ant:1315]] Die erste von drei praetonischen Silben ist in MR öfter zu "mi" gehoben  um einen leichten ersten Akzent auszudrücken. Wc schreibt sehr häufig so. Nicht immer lässt sich das in MR durch die Länge der Virga verifizieren. Hier, im 7.Modus, bestätigt das auch H mit 'levare mediocriter'.\\ 
-[[ant:1434]] Durch die Zusammenziehung der zwei praetonischen Silben "do - re" zum Pes ist die steile Fügung "**Dá** **mí**-hi in dísco" vertont. 
-[[ant:2775]] Nur in MR + Wc + Bv. Der Pes disgregatus "vide-//rant//" fordert eigentlich seinen ersten Ton höher als den Ton zuvor. MR ist hier allerdings nicht so präzise wie H. Der Einzelton "la" in Bv spricht für einen unisonischen Anschluss des Pes: "fa-la".\\ 
-[[ant:4027]] individuelle Variante nur in Bv. 
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cento_an/qinc.1700718004.txt.gz · Zuletzt geändert: 2023/11/23 05:40 von xaverkainzbauer