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neumen:artikulation

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neumen:artikulation [2020/10/13 17:54]
xaverkainzbauer [Die Bivirga urgens]
neumen:artikulation [2023/04/14 07:31] (aktuell)
xaverkainzbauer
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 +[[neumen:semiologia|⬅️]] **SEMIOLOGIA**<fc #ffffff>x</fc>
 ====== Artikulation ====== ====== Artikulation ======
 === k – nk / kurrent – nicht kurrent === === k – nk / kurrent – nicht kurrent ===
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 Er ging von der Gleichwertigkeit aller Töne aus, die in Zweier- und Dreiergruppen zu organisieren seien. Solesmes tritt dem bis heute wider besseres Wissen aus finanziellen Gründen nicht entgegen, und hat sich zuletzt aus der Gregorianikforschung praktisch gänzlich zurückgezogen. Trotzdem bleibt die "Zählmethode von Solesmes" weiterhin als **"Ward-Methode"** vor allem in Südamerika mächtig. Er ging von der Gleichwertigkeit aller Töne aus, die in Zweier- und Dreiergruppen zu organisieren seien. Solesmes tritt dem bis heute wider besseres Wissen aus finanziellen Gründen nicht entgegen, und hat sich zuletzt aus der Gregorianikforschung praktisch gänzlich zurückgezogen. Trotzdem bleibt die "Zählmethode von Solesmes" weiterhin als **"Ward-Methode"** vor allem in Südamerika mächtig.
  
-Der Solesmenser Mönch **<fc #ff0000>Eugene Cardine</fc>** hat in den Sechzigern des 20. Jahrhunderts die Frage nach dem Rhythmus des gregorianischen Chorals neu gestellt und wurde im eigenen Kloster stark angefeindet. Er argumentierte gegen den „Äqualismus", gegen die Zählmethode von Solesmes. Wer die ältesten, adiastematischen Quellen ernst nimmt, muss eine  "Gleichwertigkeit aller Töne" ablehnen.+Der Solesmenser Mönch **<fc #ff0000>Eugene Cardine</fc>** hat in den Sechzigern des 20. Jahrhunderts die Frage nach dem Rhythmus des gregorianischen Chorals neu gestellt und wurde im eigenen Kloster stark angefeindet. Er argumentierte gegen den „Äqualismus" , gegen die Zählmethode von Solesmes. Wer die ältesten, adiastematischen Quellen ernst nimmt, muss eine  "Gleichwertigkeit aller Töne" ablehnen.
  
 Die Rezeption dieser Erkenntnisse ist noch einmal behindert durch das Faktum, dass die europäischen Staaten gerne ihre nationale musikwissenschaftliche Identität auf ihre lokalen Handschriften stützen, auch wenn die frühestens aus dem 12.Jahhundert oder später stammen. Diese "nationale" Vereinnahmung hat eine Entsprechung in den Partikularinteressen verschiedener Orden (Zisterzienser, Praemonstratenser, Dominikaner...). So wird die Erforschung eines gesamteuropäischen Phänomens wie es der Cantus gregorianus ist, behindert.  Die Rezeption dieser Erkenntnisse ist noch einmal behindert durch das Faktum, dass die europäischen Staaten gerne ihre nationale musikwissenschaftliche Identität auf ihre lokalen Handschriften stützen, auch wenn die frühestens aus dem 12.Jahhundert oder später stammen. Diese "nationale" Vereinnahmung hat eine Entsprechung in den Partikularinteressen verschiedener Orden (Zisterzienser, Praemonstratenser, Dominikaner...). So wird die Erforschung eines gesamteuropäischen Phänomens wie es der Cantus gregorianus ist, behindert. 
  
 Alter der Quellen  Alter der Quellen 
-In der Notation immer noch die Rhythmus von Solesmen´+es des 19.Jh 
  
 +  In der Notation immer noch der Rhythmus von Solesmes des 19.Jh
 +  C - E+H überprüft durch L + Ch MR (frOc) vor allem für H Korrektur
 +
 +
 +  Anfangsartikulation + eine Neume hört mit der letzten Note auf
  
  
 Wir gehen von einer gesamtheitlichen Position aus, die gleichzeitig historisch frühestmöglich angesiedelt ist. Wir gehen von einer gesamtheitlichen Position aus, die gleichzeitig historisch frühestmöglich angesiedelt ist.
 +Das frühestmögliche sind hier die adiastematischen Handschriften aus St.Gallen, vor allem C, H, E, aber auch L und Ch. 
  
 +
 +Das Problem dargestellt an dem  Wort "deus" im OF "Deus enim firmavit" [[grad:0511]]
 +
 +
 +{{ :neumen:gph_0511_deus.png?250|}}
 +Es sind Quellen wie Kl oder Zt, die die Quadratnotenschrift von Solesemes geprägt haben: ein quadratischer Pes, gefolgt von zwei Rhomben (die Breitfeder dreht sich in Abstieg nach rechts). Ein "breiterer Ton (Virga, in Kl Uncinus) steht erst auf der Endsilbe. 
 +
 +Die **Anfangsartikulation** wird außer in Zt+Kl in allen hier vorgestellten Quellen durch Trennung sichtbar gemacht.\\
 +Der **Gipfelton** muss nach den Schreibregel in G und Bv immer eine Virga sein. Das suggeriert die Wichtigkeit des Gipfeltons (GJ hat den Mehrwert des Gipfels wegen der Virga in allen Kontexten eingefordert. Ungeachtet psychologischer Grundgegenheiten in der Musik widersprechen wir dem auf Grund der Notation in L + Ch: der Gipfelton ist nur Punktum.\\
 +Die **Endartikulation** jeder Neume wird in G grundssätzlich vorausgesetzt, ohne extra notiert zu werden. Bam, aber vor allem L + Ch notieren sie ebenso grundsätzlich.\\
 +**codex E** wird dieser Gegebenheit gerecht:\\ 
 +•Erster Ton Virga mit Episem\\
 +•Gipfelton Virga mit celeriter entlastet\\
 +•Endartikulation nicht notiert aber mitzudenken. 
  
  
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 Diese Position ist nun konsequent auch auf den kPes anzuwenden (= Virga urgens) und erhält ihre Bestätigung Diese Position ist nun konsequent auch auf den kPes anzuwenden (= Virga urgens) und erhält ihre Bestätigung
 vor allem durch die Bivirga und ihre Behandlung in den adiastematischen Quellen E – L – Ch – MR. vor allem durch die Bivirga und ihre Behandlung in den adiastematischen Quellen E – L – Ch – MR.
 +
 +vide: [[ant:7573]] MR
  
 ===== Die Bivirga urgens ===== ===== Die Bivirga urgens =====
  
-Die Birga urgens ist eine Bivirga die mit kPes unisonisch an den vorhergehenden Text anschließt. Diese Emotionalität ist subjektiv und in den Quellen unterschiedlich stark notiert. Während sich St. Gallen sehr zurückhält, ist L etwas weniger zurückhaltend. Am häufigsten notiert MR Bivirga urgens, knapp gefolgt von Ch.+Die Bivirga urgens ist eine Bivirga die mit kPes unisonisch an den vorhergehenden Text anschließt. Diese Emotionalität ist subjektiv und in den Quellen unterschiedlich stark notiert. Während sich St. Gallen sehr zurückhält, ist L etwas weniger zurückhaltend. Am häufigsten notiert MR Bivirga urgens, knapp gefolgt von Ch.
 Die Frage "Ist das nun ein Ton oder nicht?", "Ist das eine Dreiton- oder Zweitonneume?", "Ist das eine einstufige- oder zweistufige Neume?" ist hier ad absurdum geführt. Eine Birga ist eine Bivirga, ist eine Bivirga. Die Frage "Ist das nun ein Ton oder nicht?", "Ist das eine Dreiton- oder Zweitonneume?", "Ist das eine einstufige- oder zweistufige Neume?" ist hier ad absurdum geführt. Eine Birga ist eine Bivirga, ist eine Bivirga.
  
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-[[ant:0800|]]+[[ant:0800]]
  
-[[ant:0010|]]+[[ant:0010]]
  
  
-Die adiastematischen St.Galler Hss bieten eine detaillierte Artikulation jeder einzelnen Neume. Im Gradual-Repertoire bestätigen das L und Ch eindeutig.Für das Off-Repertoire gibt es keine Quellen, die L oder Ch entsprechen würden.+Die adiastematischen St.Galler Hss bieten eine detaillierte Artikulation jeder einzelnen Neume. Im Gradual-Repertoire bestätigen das L und Ch eindeutig. Für das Off-Repertoire gibt es keine Quellen, die L oder Ch entsprechen würden. Das Wissen über das Gradual-Repertoire sollte allerdings ausreichen, codex H adäquat zu interpretieren.
neumen/artikulation.1602611652.txt.gz · Zuletzt geändert: 2020/10/13 17:54 von xaverkainzbauer