Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


antiphon:einleitung

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen Revision Vorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
antiphon:einleitung [2020/03/23 17:56]
xaverkainzbauer [Definition und Positionierung]
antiphon:einleitung [2022/05/01 19:38] (aktuell)
georgwais [Paleographie – Semiologie – Centologie]
Zeile 8: Zeile 8:
  
  
-Gregorianischer Choral ist der der lateinischen/römischen Kirche eigene liturgische Gesang. Er ist **<fc #008080>einstimmig und unbegleitet</fc>**. Leider wird **"unbegleitet"** in den jüngeren Ausgaben der Lexika systematisch vermieden. Man will damit der gerade einmal gut 100jährigen Praxis der Orgelbegleitung des liturgischen Gesanges nicht schaden. Dem Gregorianischen Choral nützt das nicht, Sprachkunst funktioniert nur, wenn sie nicht in ein Procrustesbett des Taktschlagens – in einen Gipsverband der Orgelbegleitung eingezwängt wird. Gregorianischer Choral ist Sprachkunst, das heißt, Regeln der Rhetorik stehen höher als gängige Vorstellungen von Musik. +Gregorianischer Choral ist der der lateinischen/römischen Kirche eigene liturgische Gesang. Er ist **<fc #008080>einstimmig und unbegleitet</fc>**. Leider wird **"unbegleitet"** in den jüngeren Ausgaben der Lexika systematisch vermieden. Man will damit der gerade einmal gut 100jährigen Praxis der Orgelbegleitung des liturgischen Gesanges nicht schaden. Dem Gregorianischen Choral nützt das nicht, Sprachkunst gelingt nur, wenn sie nicht in ein Procrustesbett des Taktschlagens – in einen Gipsverband der Orgelbegleitung eingezwängt wird. Gregorianischer Choral ist Sprachkunst, das heißt, Regeln der Rhetorik stehen höher als gängige Vorstellungen von Musik. 
  
 //Zu den liturgischen Gesängen der lateinischen Liturgie ist Folgendes festzustellen: Vor und nach dem II. Vaticanum gab und gibt es fixe Texte (die Formulierung "vorgeschrieben" lehnen wir ab) zu den einzelnen Positionen der Liturgie. Sie sind Maß für jede aktuelle Gottesdienstfeier. An diesem Maß sich nicht zu orientieren, dieses Maß zu vergessen, ja dieses Maß abzulehnen, ist Verlassen der römisch/abendländischen Tradition. Das heißt nicht, dass wir uns einer Vorstellung von Tradition verpflichtet fühlen, wie sie jene sehen, die sich auf Pius X. berufen, ohne seine Aussagen in ihrer historischen Bedingtheit zu verstehen. //Zu den liturgischen Gesängen der lateinischen Liturgie ist Folgendes festzustellen: Vor und nach dem II. Vaticanum gab und gibt es fixe Texte (die Formulierung "vorgeschrieben" lehnen wir ab) zu den einzelnen Positionen der Liturgie. Sie sind Maß für jede aktuelle Gottesdienstfeier. An diesem Maß sich nicht zu orientieren, dieses Maß zu vergessen, ja dieses Maß abzulehnen, ist Verlassen der römisch/abendländischen Tradition. Das heißt nicht, dass wir uns einer Vorstellung von Tradition verpflichtet fühlen, wie sie jene sehen, die sich auf Pius X. berufen, ohne seine Aussagen in ihrer historischen Bedingtheit zu verstehen.
Zeile 32: Zeile 32:
 Das wäre ja noch schöner. - österreichische (nur?) Beamtenweisheit Das wäre ja noch schöner. - österreichische (nur?) Beamtenweisheit
 ------------------------------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------------------------------
 +Wir versuchen, uns über das Problem zu stellen und nichts als gegeben hinzunehmen.
 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
 +===== Unser Ansatz =====
 +Wir versuchen aus den älteren und vor allem ältesten Quellen den Cantus Romanus in seiner authentischten  uns erreichbaren Form zu restituieren. 
 +
 +
 +
 +
 +
 +Methode
 +
 +Wir stellen die adiastematischen Handschriften den ältesten diastematischen Quellen gegenüber und gewinnen so einen Einblick in die .....
 +
 +
 +===== Artikulation =====
 +
 +{{:antiphon:gph_0511_deus.png?400 |}}
 +
 +{{:antiphon:0680_dominus_synops.png?250 |}}
 ===== das Repertoire ===== ===== das Repertoire =====
  
Zeile 56: Zeile 73:
  
  
------------------------------------------------------------------------------------------------------------+--------------------------------------------------------------------------------------
 ===== historischer Rahmen ====== ===== historischer Rahmen ======
  
Zeile 96: Zeile 113:
 In der //antiphonalen// Komposition sind das **<fc #008080>Typos</fc>** (eine ganze Antiphon) - **<fc #008080>Cento</fc>** ( ein Halbsatz) - **<fc #008080>Formula</fc>** (ein Wort) In der //antiphonalen// Komposition sind das **<fc #008080>Typos</fc>** (eine ganze Antiphon) - **<fc #008080>Cento</fc>** ( ein Halbsatz) - **<fc #008080>Formula</fc>** (ein Wort)
  
-In der zweiten Gregorianik lösen sich diese Formen auf, man kann ja mittels **Notation** jede individuelle, subjektive Eigenart ohne Rezeption durch die Gemeinschaft/Fraternitas/Societas für die Zukunft bewahren.+In der zweiten Gregorianik lösen sich diese Formen auf, man kann ja mittels **Notation** jede individuelle, subjektive Eigenart ohne Rezeption durch die Gemeinschaft/Fraternitas/Societas für die Zukunft bewahren. Es entsteht //musikalische// Komposition.
  
  
Zeile 121: Zeile 138:
  
 ---------------------------------------------------------------------------------- ----------------------------------------------------------------------------------
-===== Paleographie - Semiologie Centologie =====+===== Paläographie – Semiologie – Centologie =====
  
-Mit der Wiederentdeckung des Gregorianischen Chorals nach der französischen Revolution durch **<fc #008080>Prosper Gueranger</fc>** und sein Kloster **Solesmes**, aber auch durch die am Ende des 19. Jahrhunderts junge Musikwissenschaft an den Universitäten Europas, allen voran **<fc #008080>Peter Wagner</fc>** in Freiburg/Schweiz ging es darum, die Quellen **<fc #ff0000>paleographisch</fc>** aufzuarbeiten. Solesmes hat mit seiner "paleo" das Wettrennen eindeutig für sich entschieden und sich damit das Monopol über die Quellen auf Jahrzehnte gesichert und durch die "editio typica" auch ein angeblich kirchenrechtlich gesichertes Monopol über die Rezeption geschaffen, das von manchen Kreisen auch heute noch eingefordert wird. Damit war die Beschäftigung mit dem Cantus Gregorianus auf dem Stand von 1883 (Pothier) eingefroren.+Mit der Wiederentdeckung des Gregorianischen Chorals nach der französischen Revolution durch **<fc #008080>Prosper Gueranger</fc>** und sein Kloster **Solesmes**, aber auch durch die am Ende des 19. Jahrhunderts junge Musikwissenschaft an den Universitäten Europas, allen voran **<fc #008080>Peter Wagner</fc>** in Freiburg/Schweiz ging es darum, die Quellen **<fc #ff0000>paläographisch</fc>** aufzuarbeiten. Solesmes hat mit seiner "Paléographie musicale" das Wettrennen eindeutig für sich entschieden und sich damit das Monopol über die Quellen auf Jahrzehnte gesichert und durch die "editio typica" auch ein angeblich kirchenrechtlich gesichertes Monopol über die Rezeption geschaffen, das von manchen Kreisen auch heute noch eingefordert wird. Damit war die Beschäftigung mit dem Cantus Gregorianus auf dem Stand von 1883 (Pothier) eingefroren.
  
-**<fc #008080>Eugene Cardine</fc>**, selbst Mönch in Solesmes, durchbricht diese Paralyse, indem er die St.Galler Handschriften nach dem Sinn ihrer Episeme, Zusatzbuchstaben, Sonderformen der Neumen etc. befragt. Er begründet die **<fc #ff0000>Semiologie</fc>** und sucht den eigentlichen **Sinn** der Zeichen zu ergründen. Gleichzeitig hat die zünftige Paleographie vieles über das Alter und den Stellenwert der Handschriften dazugelernt.  In seiner Praxis selbst nie über eine bessere Paleographie hinausgekommen, legte Cardine den Grundstein für ein Verständnis der Choralmelodien von der Sprache her. Diesen Weg ging sein Schüler **<fc #008080>Godehard Joppich</fc>** konsequent weiter. Seine Erkenntnisse zur Liqueszenz, zu "ritenuto, ritardando und accelerando" x), zum sprachlichen Zugriff, haben erst das Tor zu einer wirklich **wortgezeugten**, einer **artikulierenden** Gregorianik geöffnet.+**<fc #008080>Eugene Cardine</fc>**, selbst Mönch in Solesmes, durchbricht diese Paralyse, indem er die St. Galler Handschriften nach dem Sinn ihrer Episeme, Zusatzbuchstaben, Sonderformen der Neumen etc. befragt. Er begründet die **<fc #ff0000>Semiologie</fc>** und sucht den eigentlichen **Sinn** der Zeichen zu ergründen. Gleichzeitig hat die zünftige Paläographie vieles über das Alter und den Stellenwert der Handschriften dazugelernt. In seiner Praxis selbst nie über eine bessere Paläographie hinausgekommen, legte Cardine den Grundstein für ein Verständnis der Choralmelodien von der Sprache her. Diesen Weg ging sein Schüler **<fc #008080>Godehard Joppich</fc>** konsequent weiter. Dessen Erkenntnisse zur Liqueszenz, zu "ritenuto, ritardando und accelerando" (x), zum sprachlichen Zugriff, haben erst das Tor zu einer wirklich **wortgezeugten**, einer **artikulierenden** Gregorianik geöffnet.
  
 Die heutigen digitalen Möglichkeiten, Quellen so aufzubereiten, dass sie ohne Zeitverlust verglichen werden können, sind die Voraussetzung für einen nächsten Schritt. Die gregorianischen Bausteine der Melodien, die **<fc #ff0000>Centones</fc>** aufzufinden, zu markieren und in den wesentlichen Quellen zu vergleichen, bringt eine neue Ebene in die Durchleuchtung der gregorianischen Melodie/Texte. Die Centologie fragt nach der "ars cantilenae", sie fragt, nach welchen Regeln die Melodien gebaut sind. Die heutigen digitalen Möglichkeiten, Quellen so aufzubereiten, dass sie ohne Zeitverlust verglichen werden können, sind die Voraussetzung für einen nächsten Schritt. Die gregorianischen Bausteine der Melodien, die **<fc #ff0000>Centones</fc>** aufzufinden, zu markieren und in den wesentlichen Quellen zu vergleichen, bringt eine neue Ebene in die Durchleuchtung der gregorianischen Melodie/Texte. Die Centologie fragt nach der "ars cantilenae", sie fragt, nach welchen Regeln die Melodien gebaut sind.
antiphon/einleitung.1584986175.txt.gz · Zuletzt geändert: 2020/03/23 17:56 von xaverkainzbauer