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ANTIPHON

Das Stundengebet

Die Antiphonen des Stundengebets bilden das archaische Rückgrat des gregorianischen Repertoires (meist sind sie kurz und schlicht oligotonisch, wenn nicht überhaupt syllabisch). Das sagt aber nichts über ihre kompositorische und intellektuelle Komplexität aus.

Die einzigen Quellen, aus denen die Art des Vortrags erschlossen werden kann, sind die adiastematischen Handschriften des 10. Jh. Für das Gradual-Repertoire sind das vor allem die St. Galler Hss Cantatorium und Einsiedeln, dazu Laon und Chartres, für das Antiphonal-Repertoire nur Hartker und Mont Renaud. Nur sie geben uns Informationen über jene differenzierte, wortgezeugte Vortragskunst, die der eigentliche Gregorianische Choral ist. Luigi Agustoni: Gregorianischer Choral, in: Hans Musch, Musik im Gottesdienst, Regensburg 1993. Spätere, diastematische Handschriften (11.–12. Jh.) ermöglichen die Restitution der Melodie.

Die opinio communis geht davon aus, Gregorianischer Choral sei, von leicht korrigierbaren Randunschärfen abgesehen, allzeit ein und dasselbe gewesen. Sie macht dabei die Hss des 12. und 13. Jh., wohl wegen der Fülle der Quellen und ihrer relativ leichten Lesbarkeit, zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtung. Geprägt ist sie von den Editionen von Solesmes aus dem 19. Jh.

Unser semiologischer Ansatz hingegen postuliert: Der mündlich tradierte Kern des Antiphonal-Repertoires war um 600 n.Chr., um oder unmittelbar nach Papst Gregor d.Gr. (7. Jh.) bereits ausgebildet, ging durch die Redaktion der karolingischen Renaissance (8./9. Jh.) und muss bis zur Zeit seiner ersten Niederschrift (Hss Hartker vor/um 1000 und Mont Renaud 10. Jh.?) allen Regeln einer mündlichen Überlieferung („oral tradition“) entsprochen haben. Oral tradition setzt die Verwendung von „Versatzstücken“ voraus, die, bei Kenntnis eines Grundrepertoires an Formeln (Cento/Centones – Formeln – Neumen), jederzeit aus der Textvorlage die ihr entsprechend zwingende Melodie schaffen kann. Die Regeln der vorschriftlichen „oral tradition“ sollten sich aus den ältesten Handschriften erheben lassen. Dieser Versuch wird in der „Analyse“ auf Basis der in „Synopsis“ aufbereiteten Quellen unternommen.

Ein nicht geringer Teil der adiastematischen Zeichen sind nicht „archaische Noten“ sondern Hinweise auf die „Centonisation“, das richtige Zusammensetzen der Formeln (Centones – Formeln). Die eigentliche Gregorianik / die „erste“ Gregorianik muss durch Extrapolation vor die frühesten adiatematischen Handschriften erhoben werden.

So kann postuliert werden, dass der Oriscus, aber oft auch Buchstaben (vor allem e = equaliter in sonst sinnlosen Kontexten) Signale sind, von einem „Versatzstück ( = Cento)“ in das nächste zu wechseln.

Bereits der codex Hartker zeigt Auflösungstendenzen dieser „oral tradition“: a) Erweiterung des Repertoires b) Auflösung der mnemotechnisch bedingten Struktur der Melodien = der Centonisation. es wird nicht mehr centonisiert, sondern komponiert.

Absicht der Synopsis

Die „Synopsis“ will die Voraussetzungen schaffen, sich möglichst der vorschriftlichen Gestalt der Antiphonen anzunähern.

Eine Neume beginnt nicht mit der ersten Note- sie hört mit der letzten auf

Spachkunst wird zu Musik

Rezitation werden durch Umspielung zu Melodien umgedeutet Intervallsprünge werden zu Tonleitern aufgefüllt aus Modi werden Kirchentöne

neue Ästhetik (Mehrstimmkeit?)


Verschriftlichung Plato/Phaidon:die Schrift wird euch Vergessen lehren

10.Jh. saeculum obscurum Notsituation

Bücher:

Antiphonale: die Gesänge des Stundengebetes Psalterium: Psalmen+ „de ea“ Antiphonen Antiphonale: Antiphonen durch das Kirchenjahr Responsoriale (Nocturnale): Gesänge der Nocturn

Die Auswahl der Referenzhandschriften

Hartker

ist das Maß aller Dinge

Artikulation Semiologie Neumen

Die einzigen Quellen aus denen die Art des Vortrags erschlossen werden kann, sind die adistaematischen Handschriften des 10. Jh. (vor allem die St.Galler Cantatorium, Einsiedeln und Hartker und Laon). Nur sie geben uns Informationen über jene differenzierte wortgezeugte Vortragskunst, die eigentlicher Gregorianischer Choral ist. Spätere, diastematische Handschriften (11.–12. Jh.) ermöglichen die Restitution der Melodie. Luigi Agustoni: Gregorianischer Choral, in: Hans Musch, Musik im Gottesdienst, Regensburg 1993

Mont Renaud

semiologisch weniger detailliert (spricht für älter) Vertreter der westfränkischen Tradition im Wesentlichen aber aus einer gemeinsamen Wurzel mit Hartker und den selben Artikulationsgesetzen verpflichtet.

Toledo 44.1 + 44.2

Benevent 19/20+21+Mc

Ka Hartker auf Linien

Wc MontRenaud auf Linien

Zisterzienser (Zwettl)

Lucca

Fo2

Solesmes 1934 + 2005

CAO Co = Compiegne

CAO Fo2+ Fo1+De Die Pariser Quellen - Tradition von Cluny

Dh

Ba +Rh

Iv + Mz + Ve

Si

Silos (British Museum add. 30850)  

spanische Quelle. Der artikulatorische Wert und vor allem der melodische Wert dieser an sich adiastematischen Quelle ist äußerst gering. Ihr Wert liegt in der tonalen Erschließung. Sowohl das PsalmIncipit, als auch das „Gloria in excelsis deo“ werden neumiert angegeben.

antiphon/antiphon.txt · Zuletzt geändert: 2022/09/11 20:13 von georgwais