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neumen:oriscus:oriscus [2023/09/10 10:20] xaverkainzbauer [~qPes] |
neumen:oriscus:oriscus [2024/06/13 04:02] xaverkainzbauer |
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//Der Oriscus ist vergleichbar einer Verkehrstafel " | //Der Oriscus ist vergleichbar einer Verkehrstafel " | ||
- | Ebenso verhält es sich mit dem Oriscus. Er kann an Stelle einer Neume stehen (im Pes quassus ersetzt er den ersten Strich des nkPes, meint aber den zweiten Ton), er kann aber auch eine Virga oder den Abstrich einer Clivis zusätzlich interpretieren (Virga strata und Pressus). | + | Ebenso verhält es sich mit dem Oriscus. Er kann an Stelle einer Neume stehen (im Pes quassus ersetzt er den ersten Strich des nkPes, meint aber eher den zweiten Ton), er kann aber auch eine Virga oder den Abstrich einer Clivis zusätzlich interpretieren (Virga strata und Pressus). |
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Solesmes liest mit den Hss der 2. Gregorianik (11.-13.Jh. und später) den Oriscus als eigenen Ton. Die normative Kraft des Faktischen, die von Solesmes besorgten Ausgaben (GR, AM) beherrschen bis heute die opinio communis.\\ | Solesmes liest mit den Hss der 2. Gregorianik (11.-13.Jh. und später) den Oriscus als eigenen Ton. Die normative Kraft des Faktischen, die von Solesmes besorgten Ausgaben (GR, AM) beherrschen bis heute die opinio communis.\\ | ||
Die Beschäftigung mit den ältesten (adiastematischen) Hss und ihr Vergleich mit einer breiten Palette von Quellen durch mehrere Jahrhunderte ermöglicht einen Einblick in den Wandel der gregorianischen Melodien, der ohne digitale Werkzeuge nicht möglich war. | Die Beschäftigung mit den ältesten (adiastematischen) Hss und ihr Vergleich mit einer breiten Palette von Quellen durch mehrere Jahrhunderte ermöglicht einen Einblick in den Wandel der gregorianischen Melodien, der ohne digitale Werkzeuge nicht möglich war. | ||
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- | Vier Aufgaben übernimmt der Oriscus in den adiastematischen Handschriften: | + | Zwei Aufgaben übernimmt der Oriscus in den adiastematischen Handschriften: |
• Centoübergang anzuzeigen (Großteil der Fälle),\\ | • Centoübergang anzuzeigen (Großteil der Fälle),\\ | ||
- | • Dehnung und Nachdruck | + | • Tieferstellung des nächsten Tones. \\ |
- | • Tieferstellung | + | vide: Antiphonen des Protus ad quartum |
- | • emotionale Mehrwertigkeit | + | Die ~Virga hat im Antiphonal-Repertoire vier Aufgaben:\\ |
+ | ==== Vrg_mut ==== | ||
+ | Im **[[neumen: | ||
+ | Aber auch die Clv kann diese Funktion übernehmen | ||
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+ | Als **[[neumen: | ||
+ | [[ant: | ||
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+ | cf.: | ||
+ | Gegenprobe: [[ant: | ||
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+ | === 3 === | ||
+ | zeigt sie an, wenn die Melodie **[[neumen: | ||
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+ | === 4 === | ||
+ | Am **[[neumen: | ||
+ | Alles in allem erfüllt die ~Virga die Funktion eines Linienersatzes in campo aperto (diastema adiastematica). | ||
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+ | Im Mess-Repertoire (Gradual-Repertoire) ist die ~Virga\\ | ||
+ | === 5 === | ||
+ | **[[neumen: | ||
+ | === 6 === | ||
+ | resupin\\ | ||
+ | === 7 === | ||
+ | **[[neumen: | ||
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Die ~ Virga besteht aus zwei Zeichen, einer Virga und dem Oriscus, in H verbunden, in MR getrennt notiert. Sie hat ihren Namen von der Schreibgewohnheit St.Galler Handschriften, | Die ~ Virga besteht aus zwei Zeichen, einer Virga und dem Oriscus, in H verbunden, in MR getrennt notiert. Sie hat ihren Namen von der Schreibgewohnheit St.Galler Handschriften, | ||
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Die gängige Deutung der ~Virga (opinio communis) ist eine doppelte/ | Die gängige Deutung der ~Virga (opinio communis) ist eine doppelte/ | ||
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Wenn der Pressus (in St.Gallen Virga + Oriscus + tieferes Punctum) wie üblich verstanden wird a), dann kann die Virga strata ( Virga + Oriscus) nur als eine Art Bivirga verstanden werden b), warum dann nicht gleich Bivirga. Ein Pes c) ist nicht möglich, auch wenn das Gros der diastematischen Handschriften so notiert: sie interpretieren den Oriscus falsch, immer unter dem Blickwinkel eines Stilwechsels vor/um 1000 n.Chr. Mehrmals ist die Virga strata mit celeriter versehen, auch das spricht gegen die Bivirga. Bleibt nur die Deutung als Eintonneume (Virga) mit Zusatinformation, | Wenn der Pressus (in St.Gallen Virga + Oriscus + tieferes Punctum) wie üblich verstanden wird a), dann kann die Virga strata ( Virga + Oriscus) nur als eine Art Bivirga verstanden werden b), warum dann nicht gleich Bivirga. Ein Pes c) ist nicht möglich, auch wenn das Gros der diastematischen Handschriften so notiert: sie interpretieren den Oriscus falsch, immer unter dem Blickwinkel eines Stilwechsels vor/um 1000 n.Chr. Mehrmals ist die Virga strata mit celeriter versehen, auch das spricht gegen die Bivirga. Bleibt nur die Deutung als Eintonneume (Virga) mit Zusatinformation, | ||
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=== Virga strata mit c === | === Virga strata mit c === | ||
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- | ==== ~Vrg – Funktionen ==== | ||
- | Die ~Virga hat im Antiphonal-Repertoire vier Aufgaben:\\ | ||
- | **1**) Im **[[neumen: | ||
- | **2**) Als **[[neumen: | ||
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- | cf.: | ||
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- | **3**) zeigt sie an, wenn die Melodie **[[neumen: | ||
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- | Alles in allem erfüllt die ~Virga die Funktion eines Linienersatzes in campo aperto (diastema adiastematica). | ||
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- | Im Mess-Repertoire (Gradual-Repertoire) ist die ~Virga\\ | ||
- | **5**) **[[neumen: | ||
- | **6**) resupin\\ | ||
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In RP3C [[ant: | In RP3C [[ant: | ||
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Diese Neume gehört zu den AN des 1.Modus, sie transformiert die Rezitation " | Diese Neume gehört zu den AN des 1.Modus, sie transformiert die Rezitation " | ||
- | De Oriscus als eigenen Ton notiert Ka nie!, Bv2 meist nicht, Lc mehrmals nicht. | + | Den Oriscus als eigenen Ton notiert Ka nie!, Bv2 meist nicht, Lc mehrmals nicht. |
[[ant: | [[ant: | ||
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- | **<fc #ff0000>Clivis-Pressus</ | + | **<fc #ff0000>Clm-Pressus</ |